Es war bereits viel zu lange her, dass wir, das meint 22 Jugendliche der heurigen zehnten Klassen, zu Besuch bei unserer Partnerschule in Andria waren: ein ganzes halbes Jahr! So setzten dann auch am 6. Oktober die Austauschschülerinnen und -schüler zuverlässig im Erdinger Moos auf, ehe sie kurz darauf am Gymnasium Wertingen in alle Richtungen des Schulsprengels ein erstes Mal verteilt wurden, um heimisch-schwäbische Kost in ihren Familien zu goutieren.
Hat da jemand Schwaben gesagt? Aber bitte doch! Denn gleich am Folgetag wurde die Hauptstadt „of all tings Maultäschle“ besucht, Ulm. Deutsche wie Italiener begutachteten die Altstadt, das Münster und das Fischerviertel. Zudem lud die Fußgängerzone zu einer kurzen Pause ein. Ein kurzer Abstecher ins beschauliche Blaubeuren rundete diesen Tag pittoresk ab.
Auch der folgende Mittwoch bot sofort die Möglichkeit, sich weiter mit den Besonderheiten der schwäbischen Kultur vertraut zu machen, denn die Stadt Wertingen und ihr Bürgermeister Hr. Lehmeier luden zum Empfang im Schloss Wertingen, wo unsere Gäste im Schlosskeller mit Butterbrezen und dem schwäbischsten aller Getränke, Spezi, auf eine ausführliche Stadtführung vorbereitet wurden. Dankbarerweise hatte die Stadt zudem eine Führerin der Heimatpflege organisiert (Fr. Wimmer) deren detailliertes Wissen von Fr. Evangelista, einer Wertinger Ärztin, zuverlässig ins Italienische übersetzt wurde.
Kamen unsere Gäste aus Apulien am Folgetag zur Ruhe? Natürlich nicht, es musste ja schließlich der Kontrast zu Altbayern erkundet und herausgearbeitet werden: So wurden Schloß Linderhof und seine Parkanlagen trotz des miserablen Wetters erkundet. Gott sei Dank waren alle 44 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kurz vorher gestärkt aus Ettal abgereist: Hier wurde gemeinsam „gebrotzeitelt“, bevor man einen kurzen Blick in das barocke Kleinod der Klosterkirche warf.
Für die Apulier bildet den Höhepunkt des Austausches jedoch alljährlich die Fahrt nach München. Zum einen ließen sich hier im Showroom eines großen KFZ-Herstellers PS-starke macchine begutachten (und sogar probesitzen), zum anderen verschaffte ein kurzer Spaziergang auf den verregneten Scherbelino im Olympiapark einen kurzen Überblick über die Stadt. Und dann diese Surfer im Eisbach! Weite Augen, fast weiter als beim Gang über die Luxusmeile der Maximiliansstraße auf den Landtag zu. Nach einem kurzen Bogen über den Hofgarten und den Odeonsplatz kam nun der für die giovani wichtigste Teil, das Shoppen von Souvenirs rund um Marienplatz und Viktualienmarkt.
Das war nun jedoch genug bayerische Kultur! Der bleibendste Eindruck hatte ein schwäbischer zu sein: Der letzte Programmtag wurde der schwäbischen Metropole Augsburg gewidmet, die nur in jüngerer Vergangenheit unwichtiger als die bayrische Hauptstadt war. Der Name Fugger fiel nur allzu oft, auch weil die erste Sozialsiedlung der Welt natürlich erkundet werden musste, ebenso wie die Kanäle und Sehenswürdigkeiten der unteren Altstadt.
Neben all diesen durch die Schule organisierten Aktivitäten fand auch ein reichliches, mannigfaltiges Festival der Köstlichkeiten und Feierlichkeiten auf privater Basis rund um Wertingen statt (hierfür sei den Eltern gedankt!). So verwundert es nicht arg, dass nach einer Woche an der Bushaltestelle unseres Gymnasiums so manch Träne floss und so manch bacio des Abschieds von tragischer Verzweiflung gekennzeichnet war.
Risultato: Es sind wertvolle Freundschaften gewachsen, es wurde viel English gesprochen und beide Seiten hegen eine tiefe Sehnsucht nach dem Landstrich der jeweiligen Partnerschule. È così che deve essere (so muss das sein)!
Christoph Werth